Veranstaltung: | Mitgliederversammlung der Grünen Jugend Berlin-Nord |
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Tagesordnungspunkt: | 9. Eigenständige Anträge |
Antragsteller*in: | Kasimir Cesare Saladin Heldmann |
Status: | Informationen fehlen (ANTRAGSFRIST ÜBERSCHRITTEN, Verfahren noch unklar) |
Eingereicht: | 09.08.2021, 10:38 |
A7: Vielfaltsstatut für Nord
Antragstext
Wir unterstützen die Forderungen des Vielfaltstatuts in seiner vorgestellten
Form für die Landesmitgliederversammlung der Grünen Jugend Berlin am 26.06.2021.
Wir begrüßen die Forderung einer 50%-igen Mindestquotierung für Menschen mit
Antisemitismus- und/oder Rassismuserfahrung für Ämter auf Landesebene und
streben an, dieser auf Bezirksebene nachzukommen.
Im folgenden der Antragstext des Vielfaltsstatut, auf den sich dieser Antrag
bezieht, in voller Länge:
"Unsere Gesellschaft ist geprägt von Ausschlüssen und Hierarchien. An einigen
Stellen sind wir theoretisch gleich an Rechten und Möglichkeiten. In der Praxis
aber trennen uns Strukturen und Ideologien der Ungleichheit. Sexismus, Rassismus
und andere Diskriminierungen betreffen uns dabei unterschiedlich stark.
Politisch kämpfen wir gegen Diskriminierung und Ungerechtigkeit, für radikale
Demokratie und Gleichstellung. Aber Strukturen und Ideologien der Ungleichheit
prägen auch uns und unseren Verband, deshalb müssen wir ihnen auch in unserem
Verband begegnen. Unser Anspruch ist es daher, unsere Strukturen und uns selbst
kritisch zu hinterfragen und wo nötig zu verändern.
In diesem Statut sammeln wir grundlegende Instrumente, mit denen wir diese
Veränderungen nachhaltig angehen. Dieser Prozess ist die Verantwortung des
gesamten Verbandes, insbesondere derjenigen die nicht oder wenig benachteiligt
werden. Wir möchten die Grüne Jugend Berlin zu einem inklusiven Verband
entwickeln, in dem alle unabhängig von ihrem Hintergrund darin bestärkt werden,
Politik zu machen und den Verband sowie unsere Gesellschaft zu verändern.
Diskriminierungen aufgrund von tatsächlicher oder zugeschriebener Herkunft,
Abstammung, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung, Behinderung oder
chronischer Erkrankung, Alter, Aussehen, Gewicht, sozialem Status, Einkommen,
Staatsangehörigkeit oder Bildungsabschluss möchten wir abbauen und Betroffene
unterstützen. Neben strukturellen Veränderungen des Verbandes erfordert das vor
allem die Bereitschaft Nichtbetroffener, Fehler einzugestehen und daraus zu
lernen.
Die Gesellschaft und unser Verband sind immer in einem Entwicklungsprozess.
Dieses Statut muss diesen Prozess widerspiegeln und angepasst werden, wenn wir
diese Ziele verfehlen.
§ 1 Antidiskriminierung
1. Die Landesmitgliederversammlung wählt eine Ansprechperson für
Diskriminierungsfälle. Die Ansprechperson ist Teil des Vielfaltspolitischen
Teams und darf darüber hinaus kein weiteres Amt in der Grünen Jugend Berlin
innehaben. Das schließt Ämter in den Bezirksgruppen mit ein. Sie arbeitet
vertraulich und ist Ansprechperson für Menschen, die innerhalb der Grünen Jugend
Berlin Diskriminierung erfahren. Aufgabe der Ansprechperson ist ein
niedrigschwelliges Angebot für Betroffene von Diskriminierung. Wenn von der
beschwerdeführenden Person gewünscht, verweist die Ansprechperson an oder
kooperiert mit den Antidiskriminierungsstrukturen von Bündnis 90/Die Grünen
Berlin sowie externen Beratungsstellen.
2. Jedes Mitglied des Landesvorstands der Grünen Jugend Berlin muss innerhalb
von drei Monaten nach Eintritt in den Landesvorstand ein Diversitäts-
beziehungsweise Antidiskriminierungstraining absolvieren. Dies gilt auch für
nachgewählte Mitglieder. Auch nach diesem Training ist der Landesvorstand
angehalten, sich zu Diskriminierungsformen und Gegenstrategien weiterzubilden.
§ 2 Selbstorganisierung
Ein Safer Space (deutsch: sicherer Raum) bietet einer Gruppe, die von der
gleichen Diskriminierungsform betroffen ist, die Möglichkeit, sich unter
Ausschluss Nichtbetroffener auszutauschen, zu vernetzen und zu bestärken. Dabei
ist nicht garantiert, dass dieser Raum frei von Diskriminierung ist. Von einer
größeren Sensibilität aufgrund ähnlicher Betroffenheit wird aber ausgegangen.
Selbstorganisierte Gruppen sollen solche sichereren Räume innerhalb des
Verbandes schaffen.
1. Von einer bestimmten Diskriminierungsform Betroffene haben das Recht, sich
verbandsintern unter Ausschluss Nichtbetroffener zu organisieren. Der Verband
soll diese Organisationsform aktiv fördern. Alle Gliederungen und Organe des
Verbandes sind dazu angehalten, insbesondere Neumitglieder auf
selbstorganisierte Gruppen hinzuweisen und den Kontakt herzustellen.
2. Das vielfaltspolitische Team ist für selbstorganisierte Gruppen ansprechbar.
Es unterstützt selbstorganisierte Gruppen solange und soweit die Gruppen das
wollen.
3. Die Grüne Jugend Berlin stellt die notwendigen Ressourcen, insbesondere
Räumlichkeiten, für selbstorganisierte Gruppen zur Verfügung. Je Gruppe muss
mindestens ein monatliches Treffen ermöglicht werden.
4. Selbstorganisierte Gruppen müssen jährlich ihre Anerkennung durch eine
Landesmitgliederversammlung beantragen, um als offizielles Organ agieren zu
können. Die Anerkennung erfolgt mit einfacher Mehrheit. Eine Aberkennung ist nur
mit satzungsändernder Mehrheit möglich.
5. Wird eine bereits existierende selbstorganisierte Gruppe inaktiv, muss das
vielfaltspolitische Team spätestens nach 6 Monaten ohne Treffen ein
Vernetzungstreffen für die Betroffenen der jeweiligen Diskriminierungsform
veranstalten und dort zu den Möglichkeiten von Selbstorganisation im Verband
informieren.
§ 3 Vielfaltspolitisches Team
1.Das vielfaltspolitische Team besteht aus vier Personen, wobei ein Platz
automatisch von der Ansprechperson für Diskriminierungsfälle besetzt wird. Die
weiteren drei Plätze werden nach der Wahl des Landesvorstands durch die
Landesmitgliederversammlung gewählt. Mindestens eine Person im
vielfaltspolitischen Team muss Mitglied des Landesvorstands sein. Diese Person
vertritt die Grüne Jugend Berlin als Diversity-Beauftragte*r bei Bündnis 90/Die
Grünen Berlin.
2. Das vielfaltspolitische Team
a. plant, steuert und begleitet die diversitäts- und
antidiskriminierungspolitischen Aktivitäten der GRÜNEN JUGEND Berlin.
b. berät Bewerber*innen zu nach diesem Statut quotierten Plätzen.
c. fördert und unterstützt die Gründung und Arbeit selbstorganisierter Gruppen
im Sinne von §2 des Vielfaltstatuts.
3. Diversitätsmerkmale sind unter anderem, aber nicht ausschließlich, Herkunft,
Abstammung, Religion, Geschlecht, sexuelle Orientierung, eine Behinderung oder
chronische Erkrankung, Alter, Aussehen, Gewicht, sozialer Status, Einkommen,
Staatsangehörigkeit oder Bildungsabschluss. Diskriminierung kann aufgrund dieser
Merkmale erfolgen, auch wenn diese der Person oder Gruppe nur zugeschrieben
werden.
4. Die Zuständigkeit für geschlechterpolitische Fragen liegen beim Frauen*,
Inter, Nicht- binäre, trans und genderpolitischen Team. Dieses soll mit dem
vielfaltspolitischen Team eng zusammenarbeiten. Das vielfaltspolitische Team
tagt mindestens zweimal jährlich gemeinsam mit dem Frauen*, Inter, Nicht-binäre,
trans und genderpolitischen Team.
5. Das vielfaltspolitischeTeam berichtet der Landesmitgliederversammlung
jährlich von seiner Arbeit.
§ 5 Mindestquotierung für Menschen mit Antisemitismus- und/oder
Rassismuserfahrung
1. Wir streben eine ihrem Anteil an der Berliner Jugend entsprechende
Repräsentation von Menschen, die in Deutschland Antisemitismus und/oder
Rassismus erfahren (MARE), in Funktionen und Ämtern in der Grünen Jugend Berlin
an. Unter Rassismus im Sinne dieses Statuts fällt insbesondere, aber nicht
ausschließlich, anti-Schwarzer, anti-muslimischer, antiasiatischer und anti-
slawischer Rassismus sowie Rassismus gegenüber Sinti:zze und Rom:nja.
2. Organe, Gremien und Präsidien der Grünen Jugend Berlin und von der Grünen
Jugend Berlin gestellte Delegationen sind mindestens zur Hälfte mit Menschen zu
besetzen, die von Antisemitismus oder Rassismus betroffen sind. Der
Landesvorstand ist als ganzer zu quotieren.
Ausnahmen sind:
a. Bei Organen, Gremien, Präsidien und Delegationen mit einer ungeraden Anzahl
von Personen wird von der nächstniedrigen geraden Zahl ausgehend quotiert.
b. Steht bei Ämtern und Delegationen nur ein ordentlicher Platz zur Wahl, ist
diesergrundsätzlich bei mindestens jeder dritten Amtszeit mit einer MARE-Person
zu besetzen.
c. Organe, Gremien, Präsidien und Delegationen mit zwei ordentlichen Plätzen
können eine Amtszeit lang gegen die Mindestquotierung verstoßen. Als Folge
können
in derdarauffolgenden Amtszeit auf beide Plätze nur MARE-Personen kandidieren.
d. Bezirksgruppen sowie Sprecher*innen bzw. Koordinierende von Fachforen sind
von der MARE-Mindestquotierung ausgenommen. Sie sind angehalten eigenständig
Maßnahmen zu ergreifen, um einer gerechten Repräsentation nach Absatz 1
nachzukommen. Der Prozess wird vom Landesvorstand und vom vielfaltspolitischen
Team eng begleitet.
§ 6 Forum für Menschen mit Antisemitismus- oder Rassismuserfahrung
1. Auf Antrag zur Geschäftsordnung können die anwesenden und stimmberechtigten
Mitglieder, die Antisemitismus- und/oder Rassismuserfahrungen machen,
beschließen, ob sie ein MAREForum abhalten wollen. Nicht von Rassismus oder
Antisemitismus betroffene sind von diesem Forum ausgeschlossen. Die anwesenden
Personen beraten dann bis zu einer Stunde lang und teilen nach Ende des MARE-
Forums das Ergebnis dem gesamten Gremium mit. Das MAREForum gilt als Teil des
jeweiligen Gremiums, eine Fortsetzung der Versammlung während des
Forums ist nicht möglich. Auf dem MARE-Forum können die anwesenden Mitglieder
mit Antisemitismus- oder Rassismuserfahrung:
a. über die Öffnung von Plätzen für Mitglieder ohne Rassismus- und/oder
Antisemitismuserfahrung entscheiden, soweit vorher zu besetzende MARE-Plätze
nicht besetzt werden konnten,
b. ein MARE-Votum beschließen,
c. ein MARE-Veto aussprechen.
2. Öffnung von offenen Plätzen
a. Sollte keine entsprechende Person auf einen MARE-Platz kandidieren oder
gewählt werden, bleiben diese Plätze unbesetzt. Es gibt keine Möglichkeit, diese
Plätze zu öffnen.
b. Auch auf unbesetzte MARE-Plätze folgende nicht-MARE-Plätze bleiben
grundsätzlich unbesetzt. Diese Regel kann aber von einem MARE-Forum aufgehoben
werden. Wird die Regel nicht durch das Forum aufgehoben, bleiben auch diese
Plätze unbesetzt.
c. §1 Absatz 2 sowie §2 des Frauen*, Inter, Nicht-binäre, trans Statut bleiben
unberührt, soweit sie sich auf die Öffnung eines Platzes nach dem FINT*-Statut
beziehen.
3. MARE-Votum/MARE-Veto:
Bei Anträgen, die formal oder inhaltlich das Selbstbestimmungsrecht von MARE-
Personen berühren, oder von denen diese besonders betroffen sind, kann ein MARE-
Forum ein Votum, ein Veto oder beides beschließen. Die Entscheidung wird mit
absoluter Mehrheit getroffen.
Ein Votum ist eine nicht bindende Empfehlung.
Ein Veto hat, bei anderslautendem Beschluss der Gesamtversammlung, aufschiebende
Wirkung. Der Antrag kann erst bei der nächsten Versammlung erneut eingebracht
werden. Ein zweites Veto in der gleichen Sache ist nicht möglich.
Weitere Satzungsänderungen
§ 5 Absatz 7 Nummer 1 ersetzen durch:
1. Wahl des quotiert zu wählenden Präsidiums zur Leitung der LMV, das sich aus
mindestens drei Mitgliedern zusammensetzt.
In § 4 ergänzen:
8. selbstorganisierte Gruppen im Sinne von §1 des Vielfaltstatuts
§ 15 Absatz 2 ergänzen durch:
(2) Die Finanzordnung der GRÜNEN JUGEND Berlin, das FINT*-Statut der Grünen
Jugend Berlin und das Vielfaltstatut der Grünen Jugend Berlin sind Teil dieser
Satzung."
Begründung
Das Vielfaltsstatus wurde auf der letzten LMV der Grünen Jugend Berlin für uns alle spürbar heftig diskutiert und im folgenden in einigen Teilen abgelehnt. Wir wollen uns als Grüne Jugend Berlin-Nord solidarisch mit dem Vielfaltsstatus zeigen und dieses in unserer zukünftigen Arbeit berücksichtigen. Vor allem soll dieser Antrag andere Bezirksgruppen der Grünen Jugend Berlin dazu ermutigen uns zu folgen. Wir wollen Menschen mit Antiemitismus- und/oder Rassismuserfahrungen klar in unserer Mitte willkommen heißen.
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